Der globale Luxusmarkt hat in den letzten fünf Jahren eine Achterbahnfahrt hingelegt. Nach dem pandemiebedingten Einbruch 2020 folgte ein beispielloser Boom: 2021 und 2022 verzeichneten viele Häuser Rekordumsätze, getrieben von Nachholeffekten, einem erstarkten Reisegeschäft und der Flucht wohlhabender Kunden in Sachwerte. Doch seit 2023 zeigt sich eine andere Realität. Inflation, geopolitische Unsicherheiten und eine abkühlende Konsumstimmung, insbesondere in China und den USA, bremsen die Branche. 2024 stagnierten die globalen Umsätze, und für 2025 erwarten Analysten bestenfalls ein leichtes Plus – im pessimistischen Szenario droht ein Rückgang.
Gewinner: Starke Marken setzen sich durch
Nicht alle Häuser trifft die Flaute gleichermaßen. Marken mit ikonischen Produkten, hoher Preissetzungsmacht und klarer Identität behaupten sich stabil. Hermès ist das Paradebeispiel: zweistelliges Wachstum, Margen von über 40 Prozent und eine ungebrochene Nachfrage nach Klassikern wie der Birkin Bag. Auch bei LVMH halten sich Maisons wie Dior und Louis Vuitton solide, getragen von globaler Strahlkraft. Die Prada-Gruppe überzeugt mit Miu Miu, das den Nerv der Zeit trifft und junge Kundinnen zurück in die Luxuswelt holt.
Ein besonders spannendes Kapitel spielt sich in Deutschland ab. A. Lange & Söhne aus Glashütte steht für kompromisslose Uhrmacherkunst, Präzision und Understatement – und zählt heute zu den weltweit anerkannten Spitzenmarken. Die Marke profitiert von echter Sammlerloyalität, steigender Nachfrage aus Asien und einer Positionierung, die bewusst auf Exklusivität statt Volumen setzt.
Auch Montblanc, mit Sitz in Hamburg, zeigt, dass deutsche Marken Luxus anders interpretieren können: weniger laut, dafür handwerklich exzellent. Was einst mit Füllfedern begann, ist heute ein breit aufgestelltes Portfolio aus Schreibgeräten, Lederwaren, Schmuck und Uhren – mit Erfolg vor allem bei Geschäftskunden und Reisenden, die diskreten Luxus schätzen.
Daneben behaupten sich kleinere, aber hochklassige Manufakturen wie Nomos Glashütte, die moderne Designs mit traditioneller Mechanik verbinden, oder Meissen Porzellan, das sich zunehmend im Kunst- und Interiorsegment neu erfindet. Selbst Porsche Design hat sich mit hochwertigen Accessoires und Uhren im Luxusbereich stabil etabliert – als Verlängerung einer Marke, die ohnehin Synonym für technische Eleganz ist.
Verlierer: Vom Zugpferd zum Sorgenkind
Auf der anderen Seite stehen die klaren Verlierer der letzten Jahre. Gucci, lange das Zugpferd von Kering, ist ein Schatten seiner selbst: Umsätze und Margen brechen weg, die Marke wirkt inhaltlich ausgezehrt. Balenciaga, ebenfalls Teil des Konzerns, leidet nach Skandalen unter Imageverlust. Auch Chanel musste 2024 einen deutlichen Ergebniseinbruch hinnehmen – die jahrelangen Preiserhöhungen stoßen zunehmend auf Widerstand, besonders in Asien. Burberry wiederum bleibt trotz aller Rebrandings und Kreativdirektoren ein Nachzügler im internationalen Vergleich.
Hugo Boss bildet einen Sonderfall: kein klassischer Luxusplayer, aber ein Konzern, der seit Jahren versucht, sich zwischen Premium und High-End neu zu positionieren. Mit „Boss“ und „Hugo“ als eigenständigen Markenwelten will das Unternehmen jünger, digitaler und internationaler werden. Nach einem kurzen Nach-Covid-Hoch kämpft Boss jedoch wieder mit abflachenden Umsätzen – ein Beispiel dafür, wie schwierig es ist, in der Mitte zwischen Mode und Luxus dauerhaft relevant zu bleiben.
Regionale Unterschiede
Regional zeigt sich ein deutliches Muster. Europa profitiert vom Tourismus, leidet aber unter schwächerer Binnennachfrage. Die USA erleben nach den Boomjahren eine Normalisierung: breite Käuferschichten ziehen sich zurück, die Ultra-High-Net-Worth-Kunden bleiben treu. China, lange Wachstumsmotor der Branche, zeigt deutliche Ermüdungserscheinungen – Unsicherheit und schwaches Konsumklima bremsen die Kauflaune. Japan hingegen erlebt ein Luxus-Hoch, befeuert durch den schwachen Yen und Rekordtourismus. Die Golfstaaten bleiben der Fels in der Brandung: kaufkräftig, loyal und zunehmend auch für westliche Marken eine Produktions- und Logistikdrehscheibe.
Uhren: Vom Hype zur Ernüchterung
Kaum ein Segment zeigt die neue Realität deutlicher als die Uhrenbranche. Nach dem Hype zwischen 2020 und 2022 mit explodierenden Preisen und jahrelangen Wartelisten ist Ernüchterung eingekehrt. Die Schweizer Exporte sanken 2024 um knapp drei Prozent, 2025 schreibt bereits mehrere schwache Monate in Folge. Auf dem Sekundärmarkt korrigierten die Preise um rund 25 Prozent, die irrwitzigen Aufschläge für Rolex, Patek Philippe oder Audemars Piguet sind passé.
Gewinner bleiben Rolex, Omega, Cartier und die Schmuckuhren von Richemont. In Deutschland behauptet sich A. Lange & Söhne gegen diese Giganten mit Präzision, Traditionsbewusstsein und glaubwürdiger Zurückhaltung. Auch Glashütte Original punktet mit Manufakturqualität und klassischem Design – weniger spektakulär, aber konstant.
Verlierer sind hingegen jene Marken, die in den Boomjahren von der Spekulation lebten. TAG Heuer, Breitling und Hublot verlieren massiv an Wiederverkaufswert; Zenith und Girard-Perregaux kämpfen mit zu wenig Profil. Selbst Swatch konnte den kurzfristigen MoonSwatch-Hype nicht in nachhaltiges Markenvertrauen umwandeln.
Fazit: Selektion statt Wachstum
Der Luxusmarkt steht 2025 nicht vor einem Kollaps, aber vor einer harten Selektion. Gewinner sind jene, die sich auf Handwerk, Authentizität und klare Markenidentität stützen. Verlierer sind die, die sich zu weit in Richtung Mode oder Marketinghype bewegt haben.
Deutsche Marken wie A. Lange & Söhne, Montblanc, Meissen oder Glashütte Original zeigen eindrucksvoll, dass Luxus „Made in Germany“ funktionieren kann – mit Qualität, Präzision und Understatement statt lautem Glamour. Marken wie Hugo Boss stehen hingegen exemplarisch für das Dilemma der Zwischenklasse: zu teuer für die Masse, zu wenig ikonisch für die Elite.
Luxus wird in den kommenden Jahren nicht durch Masse, sondern durch Haltung definiert werden. Weniger Wachstum, mehr Klarheit – das ist die neue Realität einer Branche, die sich neu sortiert und dabei zu ihren Wurzeln zurückfindet: Exzellenz, Seltenheit und Dauerhaftigkeit.